Lerncoaching mit System

Deutschlernen nach Gehör – sächsisches Kultusministerium reagiert

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Deutschlernen nach Gehör – so langsam werden die Folgen dieser seit rung 15 Jahren praktizierten Lehrmethode deutlich. Zahlreiche Schüler stehen mit der Rechtschreibung zunehmend auf Kriegsfuß. Die Industrie beklagt sich darüber, dass Azubis nicht rechtschreibsicher sind. Jetzt reagiert sogar das sächsische Kultusministerium und fordert in einem Schulleiterbrief Standards zur „Qualitätssicherung im Fach Deutsch Grundschule“.

Deutschlernen nach Gehör, auch bekannt, als „Lesen durch schreiben“,  ist ein Modell, welches in den letzten 10 bis 15 Jahren auch an vielen sächsischen Grundschulen  Einzug gehalten hat. Kinder erhalten dazu zur Orientierung eine s.g. Anlauttabelle mit Bildern.  Für A steht dann z.B. das Bild eines Affen,  N ist mit einem Nilpferd versehen und der Zauberer muss für das Z herhalten.  Will das Kind dann z.B. das Wort Zahn schreiben, orientiert es sich ausschließlich daran, was es hört. Aus dem Zahn wird so möglicherweise ein „Zan“, denn das Dehnungs-H ist nicht hörbar.
Die deutsche Sprache ist reich an Dialekten und nicht nur das Sächsische steht mit dem Hochdeutschen auf Kriegsfuß. Da dürften andere Dialekte im süddeutschen Raum auch so ihre Schwierigkeiten haben. Schreiben nach Gehör bringt per se schon eine Menge kreative Schreibweisen hervor, kommen noch Dialekte hinzu, wird die Kreativität schier grenzenlos.

Die s.g. Fiebel-Methode, die in der ehemaligen DDR Standard war und auch noch heute von einigen Grundschulen genutzt wird, verlangt hingegen von Beginn an regelgerechtes Schreiben. Kinder, die so unterrichtet werden, haben am Ende deutlich weniger Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung.

Leider gibt es in Sachsen keinen  verbindlichen Standard,  wie Schulen Kindern Lesen und Schreiben beizubringen haben. Jede Schule kann hier über die Wahl der Methode frei entscheiden. So entstehen auch jede Menge Mischformen verschiedener Lehrstile, die, so kann ich aus meiner Arbeit als Lerncoach mit Kindern, denen die Rechtschreibung schwer fällt,  sagen, mehr und mehr auditiv geprägt. „Sprich deutlich.“, „Wo im Wort hörst du den Buchstaben?“ usw. sind häufige Anweisungen, die Kinder erhalten. Wenn dann z.B. für den Buchstaben „B“ Bilder eines Luftballons und einer Erdbeere im Deutschbuch stehen, ist die Verwirrung komplett. Sind es nun ein Ballon und eine Beere, bei denen das „B“ „vorn“ zu hören ist? Oder sind es Luftballon und Erdbeere und das „b“ ist in der „Mitte“ zu hören.  Auch „r“  und „ch“ haben im Wort oft akustische Ähnlichkeiten und bereiten vielen Kindern Schwierigkeiten.

Kinder der ersten Klasse lernen für alle Buchstaben viele Informationen. Sie lernen, wie die Buchstaben heißen, wie sie gesprochen werden, ihre Schreibweise  in Druckschrift und Schreibschrift und das jeweils in großen  und kleinen Buchstaben. Teilweise wird die Schreibschrift auch erst im zweiten Schuljahr eingeführt, ein Thema, welches ebenfalls für viel Zündstoff sorgt.  Wenn das „K“ aber eben ein „Ka“ ist, dann wird die Katze schnell zur „Ktze“ oder das Kleid wird als „Kaleid“ gelesen. Für Kinder, deren Gehirn gerade in der Grundschulzeit noch große Entwicklungsschritte vollzieht, macht es so ein Chaos nur unnötig schwer. Auch die s.g. LRS-Klassen in Sachsen, deren Ziel es unstreitig ist, Kindern  regelgerechtes Schreiben beizubringen, verwenden auditive Lehrstile. Zu sehen, mit welcher Mühe sich diese Kinder versuchen, Schreibweisen von Wörtern auditiv zu erschließen, bei denen das nicht zielführend ist,  tut mir jedes Mal furchtbar leid, denn  diese Kinder kommen so immer wieder mit ihren Schwächen in Kontakt.

Die deutsche Sprache ist  zu weniger als 50% lautgetreu. Das heißt, der Großteil der deutschen Worte wird anderes geschrieben, als er gesprochen wird.  Auch Rechtschreibregeln sind im Deutschen nicht zu 100% eindeutig. Das Dehnungs-H z.B. macht einen Vokal lang. So schreiben wir das Fohlen mit h, das Wort holen aber ohne h. Einen akustischen Unterschied gibt es für das o nicht. Beispiele wie dieses, gibt es noch viele.

Sichere Rechtschreiber zeichnen sich durch eine s.g. graphologische Bewusstheit  aus, d.h. sie haben ein Bild vom Wort gespeichert. Mittlerweile ist die auch als NLP-Rechtschreibstrategie bekannte Sichtweise auch wissenschaftlich untersucht ([http://www.visuelles-lernen.com/wissenschaftliche-studien)

Lesen und Schreiben sind visuell geprägt. Sie können sich getrost den Mund zu halten und dennoch können Sie problemlos lesen und schreiben.  Die  „Hauptstrategie“ sicherer Rechtschreiber ist eindeutig visuell geprägt. Erst bei Unsicherheiten greifen sie auf auditive Strategien zurück und sprechen in der Schreibweise unbekannte Worte vor sich her. Zusätzlich fertigen sie Probeschreibungen an und entscheiden danach, „wie es aussieht“.

Schreiben und lesen lernen, sind die Grundfähigkeiten, die ein Schüler in der Grundschule lernt.
Deutschlernen nach Gehör jedoch ist mit Sicherheit keine zielführende Methode, um Kinder Rechtschreibsicherheit zu vermitteln.

Auch die Freie Presse widmete sich mit einem ARtikel dem Thema „Deutschlernen nach Gehör“

http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/TOP-THEMA/Deutschlernen-nach-Gehoer-Wenn-der-Goenig-Guemmelgoerner-gaut-artikel9487080.php

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